Am Mittwoch, 16. Oktober 2024 um 19 Uhr, ist Natalie Buchholz mit ihrem Roman „Grand-papa“, in dem sie die Lebensgeschichte ihres Großvaters bzw. die Zerrissenheit einer deutsch-französischen Identität erzählt in der Stadtbibliothek Saarlouis zu Gast. Eine vergessene Urne, ein neugieriges Kleinkind und der Schatten des Großvaters – so beginnen Natalie Buchholz Ermittlungen. Ein kleiner Zufallsfund ist es, der die Autorin an ihren verstorbenen Großvater Anatole erinnert. Sie findet seine „Memoiren eines Siebzigjährigen« in dem streng nach deutscher und französischer Literatur getrennten Bücherregal der Eltern. Wer war dieser zwischen Deutschland und Frankreich hin- und hergerissene Mann? Erstmals setzt sich Natalie Buchholz mit dem aus Lothringen stammenden Großvater auseinander, der stets ein Fremder für sie war und doch bis in ihr eigenes Leben hineingewirkt hat. In seinen jungen Jahren geht er zur französischen Armee, den Zweiten Weltkrieg allerdings erlebt er als zwangsrekrutierter Soldat der Wehrmacht. Danach entscheidet er sich vehement für eine Seite und lehnt sogar seine Tochter ab, die einen Deutschen heiratet, ihren Vater. Lange Zeit dachte die Autorin, der Grund dafür sei sein Leiden unter den Deutschen während des Krieges gewesen. So jedenfalls lautete eine der Familienlegenden, mit denen sie groß geworden ist. Dieser Legende ist sie nachgegangen und dabei zu einer überraschenden Erkenntnis gekommen. Es ist auch die tragische Liebesgeschichte des Großvaters mit einer Saarländerin, die eigentlich für ihn bestimmt ist, als Ehefrau aber nicht infrage kommt, weil sie Deutsche und damit Feindin ist – und trotzdem allen als Freundin der Familie ein Leben lang verbunden bleibt. In Ihrem Familienporträt spiegelt sich die deutsch-französische Geschichte des vergangenen Jahrhunderts, das Schicksal der Menschen im Elsass und in Lothringen. Nathalie Buchholz erzählt kühn und persönlich von der Zerrissenheit einer Familie zwischen zwei Nationen, die lange als Erbfeinde galten. Die Lebensgeschichte des Anatole Frey erzählt die Autorin mit einer feinfühligen poetischen Sprache, obwohl der Inhalt eigentlich oft zu hart dafür ist. Natalie Buchholz wurde 1977 in Frankreich geboren und wuchs in München und dem Münchner Umland auf. Sie studierte Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim und an der Université Aix-Marseille. Bislang erschienen von ihr die Romane »Der rote Swimmingpool«, »Unser Glück« sowie eine Jugendbuch-Reihe. Natalie Buchholz wurde für ihr literarisches Schaffen mehrfach ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie 2023 das Ludwig-Harig-Stipendium, das dazu beitrug, dass dieser Roman entstand. Sie lebt mit ihrer Familie in München und im Inntal. Die Lesung von Natalie Buchholz aus ihrem im August erschienenen Roman „Gran-papa“ findet am Mittwoch, 16. Oktober 2024 um 19 Uhr in der Stadtbibliothek Saarlouis im Theater am Ring statt. Der Eintritt ist frei. Die Stadtbibliothek Saarlouis und die Buchhandlung Bock & Seip laden zu dieser Lesung, die die komplexe Geschichte unserer Grenzregion, die nach wie vor ein weißer Fleck auf der Landkarte Europas ist, herzlich ein.